Ich bin gestern um 5:30 aufgestanden – draußen schien nur der Mond, unterstützt von kümmerlichen Laternen. Und ich konnte mich mit dem Frühstück beeilen wie ich wollte, obwohl ich alles schon am Vortag vorbereitet hatte, ging die Sonne bereits auf – und der Mond noch unter – als ich das Haus verließ.
Mit dem Müllbeutel in der Hand, lief ich an der Mensa vorbei und sah… ein Häschen, das zusammengekauert neben einem Mensafenster schlief. Hätte ich Kamera oder Handy in der Jackentasche, hätte ich es fotografiert. So aber lächelte ich vor mich hin, während ich den Müll entsorgte und im Laufschritt zu meiner Haltestelle marschierte. Dort stellte ich fest, dass der vorige Bus bereits fort sein müsste und ich zehn oder zwanzig Minuten bis zu den zwei Verbindungen hätte, mit denen ich pünktlich sein würde.
Gedanklich stellte ich mich schon auf Frieren, Warten und Bibbern ein… da bog der vermeintlich bereits abgefahrene Bus um die Ecke. Ich grinste noch mehr – ob das Häschen mir Glück gebracht hat? Who knows…
Das selbe Glück hatte ich mit dem Anschlussbus – er kam um eine Minute zu spät und sackte mich direkt ein.
Etwas irritierend war es, dass ich fast völlig allein drinsaß – um die Zeit waren nur vereinzelt Schüler unterwegs. Dort, wo ich aufwuchs, war das anders: 7:3 ging die Schule los und um 6:45 zerquetschten einen die Schüler förmlich. Andererseits ist es gut, dass es hier später losgeht – Schüler, Lehrer und eine gewisse E. Feuerblut müssten bei den teils langen Anfahrten sonst wohl um vier Uhr morgens aus den Federn – und um die Zeit sind die Wenigsten fit, lernfreudig und ausgeruht.
Um Punkt sieben – und damit eine halbe Stunde vor dem Treffen im Sekretariat – stand ich vor der verschlossenen Schulhoftür (dachte ich zumindest). Der Ort, anb dem es wenigstens ein Fünkchen wärmer sein sollte als draußen – ein zweistöckiger Kastenbau mit freundlichem Anstrich – war höchstens 50 m entfernt, hätte aber genausogut auf dem Jupiter sein können. Wobei Kälte fast das kleinere Übel war: das weitaus Größere war die Langeweile. Mein iPod lag mit leerem Akku zu Hause und mein Handy entlüde sich, noch ehe ich ein Spiel oder eine Webseite gestartet hätte. Mein Buch hatte ich nicht mitgenommen, da ich in den Monaten der Muße Latein wiederholen wollte – was im Stehen suboptimal ist, wenn ich dabei schreiben will. Zum Beobachten gab die Location wenig her – kaum grün, kaum Vogelgezwitscher. Und nur Autos unterwegs, erst um 7:10 sah ich die erste Fußgängerin. Und dann… sehe ich jemanden den Schulhof betreten. Der Hof hat noch einen Eingang, den ich die ganze Zeit angestarrt hatte, ohne ihn wahrzunehmen *facepalm*…
Also umrundete ich die Schule und… oh Wunder! Mitten im Industrieviertel erstreckt sich direkt hinter der Schule ein rieeeeesiges Heidegebiet und vor meinen Augen hoppelt eine kleine Kaninchenschule über die Straße.
Der Tag MUSS schön werden!
Ich grüßte den einzelnen Schüler und beobachtete, wie sehr langsam das Leben auf dem Schulhof einkehrte.
Bilanz um 7:15 – vier Schüler, eine Lehrerin, ich. Vor der Tür traf ich eine weitere Praktikantin. Gemeinsam gingen wir ins Sekretariat, wo man uns Namensschilder, einen Generalschlüssel und ein Kontaktformular übergab. Danach wurden wir ins Lehrerzimmer geführt und blieben dort bis halb acht allein – erst dann trudelten langsam aber sicher die Anderen ein.
Der Schuldirektor persönlich gab Stundenpläne aus – meiner ist, bis auf freitags, recht locker: Ich muss nur montags und freitags um acht bereits anwesend sein, ansonsten habe ich zur dritten oder gar zur fünften Stunde an, was recht nett ist.
Ich muss sagen: Noch nie wurde ich im Praktikum so gut betreut und mit Informationen versorgt! Die Schule ist in der Hinsicht einfach vorbildlich und ich fühlte mich dort vom ersten Augenblick an wohl.
Am ersten Tag galt under Stundenplan allerdings noch nicht. Statt dessen begleiteten wir den Unterricht unseres Betreuungslehrers. Die erste Doppelstunde: Deutsch in einer Siebenten. Die Schüler kamen mir winzig vor… waren das echt schon 12- und 13-Jährige? War meine Schwester letztes Jahr auch so winzig? Oder ich vor neun Jahren?
Erstmal Wandergeldeintreiben, dann Hausaufgabenvergleich. Die Kinder sollten recherchieren, wer am 27.08. Punkt 12 geboren wurde – es war natürlich Goethe. Ich war angenehm überrascht, wie fleißig, ruhig und aufmerksam die Schüler waren! (Feststellung: Manche Webseiten klauten Goethe mal schnell 10 Jahre!)
Es folgte ein Diktat, das gleichzeitig als Zusammenfassung des Stoffs diente – meiner Meinung nach ein guter Weg, um sowohl die Rechtschreibung zu trainieren, als auch den Stoff noch mal kompakt darzustellen. Ob sich die Methode auf den Englischunterricht übertragen lässt?
Zugegeben: Die Versuchung, mich zu melden und im Unterricht mitzumachen, war sehr hoch und ich konnte mich nur mit Mühe beherrschen, aber ich blieb stark!
Außerdem habe ich an diesem Tag die wohl kleinste Tafelschrift meines Lebens gesehen: Ein Mädchen schrieb so winzig, dass ich aus der ersten Reihe nur mühevoll lesen konnte, was dort stand. Und noch ein tolles Zitat aus dem Unterricht: „Ein Dramatiker ist Einer, der aus allem ein Drama macht.“
Natürlich konnte diese Aussage prima genutzt werden, um die Gattungstrias (Dramatik, Epik, Lyrik) einzuführen.
Nach einem organisatorischen Intermezzo folgte etwas zum Nachdenken: Ein Grammatik-Quiz, das es in sich hatte, denn die Schüler mussten Modi und Zeitformen perfekt jonglieren können.
Nach der Deutschstunde folgte eine Doppelfreistunde für meine Kollegen und mich. Wir saßen ganz nett beisammen und redeten, die Sonne brannte auf uns nieder und es war recht gemütlich, aber nicht besonders ereignisreich.
Für die fünfte und sechste Stunde war Ethik angesagt.
Der Lehrer erzählte zu Beginn, wer wir sind und was wir an der Schule machen – fand ich schön!
Dann zog er die Stoffwiederholung und Hausaufgabenkontrolle so auf, dass die Klasse uns natürlich erklären muss, was gemacht wurde. Das Thema ist Anton Lang, für dessen Tansania-Projekt die Schule einen Spendenlauf macht. Die Schüler sollten als Hausaufgabe einen Brief an einen Freund schreiben und darin über das Projekt erzählen.
Der Unterricht sollte bewusst machen, wie viel Wasser die Menschen in Europa zu verbrauchen pflegen und mit wie wenig die Menschen in Tansania auskommen müssen. Ein Schüler stellte daraufhin die sehr berechtigte Frage, wo das gespendete Geld denn lande – leider war diese Diskussion noch nicht für eine siebente Klasse geeignet.
Fließend leitete der Lehrer zum Thema „Arbeit und deren Wert“ über. Es wurde verglichen, welchen Stellenwert (körperliche) Arbeit in der Antike und in der Moderne einnimmt. Der Lehrer ließ die Schüler über angesehene Berufe diskutieren. Unter anderem hieß es, dass nicht Geld das Ansehen erhöht – wohl aber die Wichtigkeit und der geistige Aufwand des Berufes.
Faszinierend, wie die Ideale von heute aussehen und erschreckend, dass schon 13-Jährige von Absturzpartys träumen und ein Leben wie in „We love Lloret“ als erstrebenswert ansehen….. Lustig auch das Zitat eines Schülers darüber, was die Römer den lieben langen Tag so tun: „Die haben den ganzen Tag gegessen!“
Als die Stunde vorbei war, fragte ein Schüler mehr als erstaunt, ob die Schule wirklich schon aus sei.
Alles in einem ein wunderschöner erster Praktikumstag, den ich mit „Flucht aus LA“ und einem Lächeln ausklingen ließ.
Huhu
Ich wünsche dir auf jeden Fall weiterhin viel Glück und Erfolg bei deinem Praktika und hoffe wir sehen uns bald beim Bewertungsforum wieder. Ciao Evanna-Valeska
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Danke, Evanna-Valeska! Heute war der letzte Praktikumstag – ich habe die Kinder so liebgewonnen *schnief*….
Jetzt noch Nachbereitung und Latein, dann kann ich wieder im Bewertungsforum durchstarten :)
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