Es heißt, Ehrenengagement werde in Europa zu wenig gewürdigt. Und in der Tat kann man meiner Meinung nach den Menschen, die sich ohne eine Gegenleistung zu verlangen für andere aufopfern, einfach nur dankbar sein und sollte immer wieder daran erinnern, dass viele Menschen und somit die Gesellschaft ohne ehrenamtliche Helfer oftmals wirklich arm dran wäre.
Doch wenn ehrenamtliche Helfer schon kaum gewürdigt werden, die an ihren Arbeitsorten präsent sind, sich anfassen und anblicken lassen – was ist dann mit denen, die vom stillen Kämmerlein aus versuchen, möglichst viel Gutes zu tun?
Vermutlich werden sich Viele fragen, wen zur Hölle ich bitte meinen würde. Nun denn – ich spreche von denen, die sich freiwillig online engagieren.
Leider wird es jetzt einige konservative Gegenstimmen geben, die behaupten, man könne niemals im Leben online etwas Nützliches tun. Pah! Das Internet ist doch nichts weiter als ein Hort für Kinderschänder, spielesüchtige Zocker und einem Haufen Menschen ohne Hobbys!
Ich will nicht behaupten, dass sich all diese Menschen nicht auch im Internet tummeln, doch jede Medaille hat zwei Seiten – und so gibt es zahlreiche Menschen, die ihre freie Zeit auch im Internet denen widmen, die Hilfe benötigen.
Ich werde mich in diesem Blogeintrag drei Gruppen widmen: Online-Selbsthilfegruppen, privates Online-Engagement und ehrenamtlicher freiwilliger Game-Support.
Online-Selbsthilfegruppen
Ich betreibe ein Forum und immer wieder gelange ich über Gästebucheinträge oder Links in die Boards anderer. Neben zahlreichen netten Hobbyforen sind immer wieder auch Boards dabei, die durchaus ernste Themen behandeln oder sich rund um Hilfe zur Selbsthilfe drehen.
So tummeln sich beispielsweise Abnehmforen im Netz, so wie dieses hier: Forum zum Wohlfühlgewicht. Zwar gibt es dafür eigentlich auch Dinge wie Weightwachters und andere Selbsthilfegruppen, aber… zumindest ich würde mit meinem Gewichtsproblem nie zu einer Selbsthilfegruppe gehen. Es klingt komisch und ist vermutlich verkehrt, aber ich würde mich gar nicht trauen, den Termin für eine Offline-Gruppe rauszusuchen und dort hinzuspazieren. Ich käme mir den ganzen Weg über vor, als würde man mich anstarren. Und auch in der Gruppe selbst käme ich dann eher weniger dazu, von meinen Problemen zu sprechen – es ist einfach nicht meins und bestimmt geht es vielen Menschen so: Sie sind scheu und trauen sich nicht, die vielfältigen Offline-Angebote wahrzunehmen.
Für all diese Menschen ist das Internet ein wahrer Segen, denn dort können sie ganz unauffällig von ihrem eigenen Wohnzimmer oder unterwegs vom Handy aus sich mit anderen Menschen austauschen, die das gleiche Problem haben. Da niemand weiß, dass sie es sind und nicht unbedingt jeder erfahren wird, dass sie sich in Abnehmforen herumtreiben, wird sie niemand stigmatisieren. Ängste werden abgebaut und Hilfe zur Selbsthilfe wird effektiver.
Klar hat das den Nachteil, dass man sich auf das Wort der User verlassen muss – woher will man wissen, ob „suesseWollmaus“ wirklich keinen Kuchen mit Schlagsahne mehr zum Frühstück verspeist?
Hier jedoch muss man wie überall im Leben darauf pochen, dass erwachsene Menschen selbst dafür verantwortlich sind, ob sie das, was sie posten, auch einhalten. Jeder Mensch ist seines eigenen Glückes Schmied und das ist auch dann nicht anders, wenn er sein Glück online schmiedet.
Ein weiteres wunderbares Forum ist das Migräne-Forum von Ursula. Es enthält viele seriöse und gut recherchierte Informationen zum Thema auf einen Blick und ermöglicht ortsübergreifend den Austausch der Betroffenen. Besonders hilfreich ist das Forum für die, die nicht die Möglichkeit haben, eine Selbsthilfegruppe zu gründen oder sich einer anzuschließen, weil sie nicht genug Mitbetroffene finden – auch hier wieder, weil nicht jeder sich traut zu sagen „Seht her, ich bin ein Mensch mit regelmäßigen, irren, mich fast um den Verstand bringenden Kopfschmerzen“ – wann immer ich über meine Kopfschmerzen klagte, erntete ich teilweise spöttische Blicke und die Frage, ob ich irre wäre, stand unausgesprochen im Raum.
Es gibt so gut wie kein Problem, für das es keine Online-Gruppe gäbe – ich habe leider nicht alle Links zur Hand, die mir je untergekommen wären.
Aber ob Borderline, Sternenkinder oder Diabetes – es gibt immer die Hoffnung, in den Weiten des Internets mit anderen Menschen zu sprechen, die das Gleiche durchmachen und sowohl Tipps als auch Hoffnung spenden können und wollen.
Vor den Betreibern solcher Foren, die oft extrem sensible Inhalte beinhalten, ziehe ich meinen (metaphorischen) Hut. Denn auch wenn das von Vielen bezweifelt wird: Der schriftliche Umgang ist oft viel schwerer, als der Mündliche. Die Mimik und Gestik, die sonst hilft zu bestimmen, wie weit man mit Ironie und Sarkasmus gehen kann, fehlt völlig und kann durch Smilies nur rudimentär ersetzt werden. Verwechslungen, versehentliche Beleidigungen, Missverständnisse und darauf aufbauende Streits sind extrem wahrscheinlich. Sie müssen vom Forenteam mit mehr Sensibilität und Fingerspitzengefühl aufgelöst werden, als dies in einem Forum mit einem eher hobbybasierten Thema der Fall wäre (womit ich keineswegs die Arbeit dieser Admins und Mods herabwürdigen will – ich weise nur auf den besonderen Stellenwert von Online-Selbsthilfegruppen hin!).
Danke, dass es euch gibt und ihr vielen Menschen in schweren Situationen Hilfe leistet!
Privates Online-Engagement
An dieser Stelle wollte ich eigentlich etwas über eine besondere Schreibgruppe schreiben, die eine junge Frau für Menschen mit und ohne Behinderung gegründet hat.
Leider habe ich keine Antwort darauf erhalten, ob ich etwas dazu schreiben und sie verlinken darf :(. Da es sich um ein sehr sensibles Thema handelt, will ich nicht einfach ohne Einwilligung mich darüber auslassen.
Freiwillige Hilfe beim Gamesupport
Egal ob bei World of Dungeons, Shakes and Fidget oder anderen Games – wann immer ein Update nicht schnell genug kommt oder ein gemeldeter Spieler nicht schnell genug gebannt wird: Schuld sind immer sie – die freiwilligen Supporter und Admins in den Spieleforen.
Oder zumindest behaupten das immer wieder die einen oder anderen User, von denen einige sich nur im Support registrieren, um zu meckern.
Fakt ist: Um Supporter oder Forenadmin in einem Browsergame zu sein, braucht man viel Zeit, viel Geduld und Nerven wie Drahtseile – denn irgendeiner meckert immer und wie es Murphy’s Gesetz so will, nur über Dinge, für die der ehrenamtliche Support nichts kann.
„Man kann immer noch nicht leveln!“ „Warum ist meine Premiumwährung nach einer halben Sekunde noch nicht angekommen? Ich habe schon dreißig Tickets gesendet!“ Oder der Klassiker „Warum isch gesperrt wuade? Entsperrt misch sonst kommt mein grossa bruda , ir Missgebuaten!“ (oder so ähnlich).
Aber selbst wenn es nicht zu solchen Extremsituationen kommt, müssen die ehrenamtlichen Supporter auch von den normalen Usern oft eine Menge Haue für Dinge einstecken, für die eigentlich die Firma verantwortlich wäre, die das Spiel betreibt. Da hilft es nichts, immer wieder zu posten „Das sind ehrenamtliche Moderatoren, die freiwillig in ihrer Freizeit hier arbeiten und nicht dafür bezahlt werden!“ – denn wer einen Nicknamen in Signalfarben trägt, muss automatisch selbst dann geradestehen, wenn er eigentlich nur die Wogen glätten will.
Ich selbst bin bei „Old Ages“ als Forenadministratorin engagiert und bekam schon am dritten Tag meiner „Amtszeit“ durch die Blume gesagt, die Admins sollen mal endlich dies und das am Spiel drehen, damit es besser wird.
Die höfliche Antwort, dass man doch nur dafür verantwortlich ist, das Forum zu administrieren und ein wenig mit den anderen Teammitgliedern zu diskutieren, fällt da so schnell unter den Tisch…
Es ist ein Job, der wirklich großen Spaß macht, der es aber bisweilen auch in sich hat. Denn nirgendwo wird das, was man tut, so schnell für selbstverständlich genommen wie in einem Browsergame…
Fazit
Immer wieder heißt es, unsere Gesellschaft tut zu wenig für andere – behauptet jemand, aus dem einen oder anderen Grund für die Freiwillige Feuerwehr oder ähnliche Aktivitäten ungeeignet zu sein, so unterstellt man ihm eher Faulheit und moralische Bequemlichkeit.
Zum Glück gibt es heute für alle, die lieber im Stillen Kämmerlein anderen Menschen helfen wollen die Möglichkeit, dies online zu tun.
Dafür bin ich sehr dankbar und hoffe, dass immer mehr Menschen diese Bemühungen anerkennen und fördern.
LG,
Evanesca Feuerblut
Ein Gedanke zu “Das Online-Ehrenamt”