Ich stelle fest, dass ein „Was habe ich in der Zwischenzeit geleistet?“-Post mal wieder fällig ist. Der letzte Eintrag, der auch nur irgendwie in diese Richtung spielte, war dieser hier und erschien Anfang August. Wir haben inzwischen Januar. 2015. Zurück in die Zukunft ;-).
Was also hat sich bei mir geändert?
Ich habe einen Gesinnungswandel vollzogen, der sich radikal auf mein Schreiben auswirkt. Das hat sich bereits bei den letzten Arbeiten zu „MV“ angekündigt, war mir damals aber nicht bewusst. Damals habe ich mir eine Deadline gesetzt und inzwischen kann ich verkünden, sie auch eingehalten zu haben. Nach mehreren spätabendlichen Blitzüberarbeitungen, letzten Schliffen, einem letzten Loslassen auf die Betaleser und einem allerletzten Feinschliff landete meine Bewerbung am 02.12.2014 bei meinem absoluten Wunschverlag.
Damals wurde mir diffus bewusst, dass ich zum ersten Mal professionell gearbeitet habe – auf eine (wenn auch selbst gesetzte) Deadline hin habe ich trotz Bachelorarbeit und vieeeel Stress einen Roman quasi neu geschrieben und ihn so lange aufpoliert, dass er verlagstauglich wurde.
Das war mir nicht bewusst
Den restlichen Dezember verbrachte ich damit, mich an die Lücke zu gewöhnen, die ein eingereichtes Romanprojekt hinterlässt. Ich vermisste schmerzlich das Arbeiten an MV und war gleichzeitig zu sehr von meiner Bachelorarbeit eingespannt, um sonstwas Kreatives zu erledigen.
Mein Kopf war voll und wenn die magischen 22:30 vorbei waren, nach denen ich nichts für die Universität mehr zu schreiben pflege – es kommt nach dieser Uhrzeit bei wissenschaftlichen Sachen nur noch Grütze raus bei mir – gammelte ich noch ein Stündchen oder zwei im Netz und ging ins Bett.
Es ging nicht vorwärts.
Nach Abgabe der Arbeit habe ich dann gar nichts mehr gemacht und es genossen, zu nichts verpflichtet zu sein. Mehr als 1000 auf zwei Wochen und ein paar Kurztexte verteilte Worte habe ich nicht geschrieben. Ich war leer.
Und ich konnte mich nicht für eins meiner Projekte entscheiden, um es mit solcher Entschlossenheit wie MV weiterzuführen. Es gab schon ein Projekt, das mich reizen würde, aber… das war hoffnungslos verkorkst.
Ihr kennt es als [U] – da ich den Arbeitstitel inzwischen geändert habe, kann ich euch inzwischen verraten, dass dahinter „Unparallel“ gesteckt hat. Das Projekt hieß so, weil ursprünglich (am 05.01.2008, als ich es gestartet habe?) vorgesehen war, dass parallel die sich völlig verschieden entwickelnden Schicksale zweier Protagonistinnen beschrieben werden würden.
Mittlerweile habe ich festgestellt, dass das so nicht möglich ist – um genauer zu sein, weiß ich das seit 2011 – und jetzt erst ist mir ein neuer Titel für das Ganze eingefallen.
Übrigens kann es in dem Fall gar nicht sein, dass ich es gestartet habe, als ich bereits in einem Schreibforum war. Da hat mir meine Erinnerung einen Streich gespielt und die Geschichte von Y. ist älter, als ich dachte. Viel älter. Älter noch als MV.
Aber manchmal muss ein Projekt reifen
Was dieses Projekt angeht, hatte ich ein Riesenproblem. Der ursprüngliche Plan sah einen Roman mit 1000-1200 Seiten Länge vor – ich denke nicht, dass längere Belletristik leserfreundlich zu drucken wäre und habe mir darum eine Grenze gesetzt – für einen Handlungszeitraum von geschätzten 40 bis 50 Jahren. Ich spürte, wie die Verwicklungen, die mir besonders für das hintere Drittel der Romanhandlungen einfielen, allmählich selbst in der Lage waren, diesen Rahmen zu sprengen.
Dieser Gedanke, nicht die ganze Handlung unterbringen zu können, nicht allen Figuren den nötigen Freiraum zum Entwickeln zu verschaffen, lähmte mich so sehr, dass ich irgendwann kein einziges Wort mehr schrieb. Was auch nicht die Lösung sein kann…
Also habe ich radikal umgedacht.
Eine Trilogie muss her
Irgendwann fiel mir bei meinen Grübeleien auf, dass sich die von mir grob vorgeplante Handlung gut in drei „Epochen“ mit jeweils eigenem Handlungsbögen teilen lässt. Also habe ich einfach diese Epochen abgetrennt und…
Problem gelöst.
Auf einmal hatte ich für meine Geschichte nicht mehr theoretische 1000-1200 Seiten Platz, sondern 3000-3600. Und schon sprudelte die Kreativität.
Natürlich zuerst der unfassbar ermüdente, aber gleichzeitig irgendwie glücklich machende Organisationskram:
Ich musste mir natürlich statt einem Überordner auf dem Rechner drei Projektordner schaffen. In jeden Projektordner gehört bei diesem Romanprojekt:
- Dokument mit grober Handlungsoutline, das ich bei neuen Einfällen jederzeit ergänzen kann
- Eine Liste der Perspektiven (von mir liebevoll Point of Views oder kurz POVs genannt)
- Jedes einzelne Kapitel zusätzlich zum Grunddokument für den Roman in einer eigenen Datei
Aus meiner ursprünglichen Romandatei wurde meine Plottingdatei, für den ersten Band als Solchen brauchte ich dagegen ein eigenes Dokument.
Und analog zu MV habe ich wieder einen Kapitelguide angelegt, mit dessen Hilfe ich auszählen kann, was wie lange gedauert hat.
Der Klick im Kopf
Als ich so emsig an den Umänderungen von „Unparallel“ arbeitete, fiel mir auf, was wirklich diesen Motivationsschub bewirkt hat.
Als ich „MV“ an einen Verlag geschickt habe, habe ich einen Weg eingeschlagen, auf dem ich nicht mehr umkehren kann. Aus dem „Schreiben ist mein großes Hobby, aber wenn ich nicht inspiriert bin, dann bin ich nicht inspiriert und es ist sowieso nur ein Hobby“ wurde auf einmal „Das ist mein Job, wenn auch vorerst ein Nebenjob. Ich habe Pflichten.“
Und damit änderte sich die Einstellung allen anderen Projekten gegenüber und ich habe Dinge getan, die ich sonst nur zwei mal im Jahr tue… Ich habe mir diesen genialen Schreibkalender heruntergeladen und mir für Januar einen Mindestwordcount von etwas weniger als 10.000 Wörtern gesetzt. Ganz ohne NaNoWriMo oder Wettbewerb im „dTvC“. Ich wusste, dass ich pro Tag 300 Wörter schreiben wollte und egal was anstand, entweder habe ich dieses Mindestlevel eingehalten oder schoss so weit über das Ziel hinaus, dass ich meinen Schreibtag mit der vierfachen Menge abschließen konnte.
Das ging so weit, dass ich unterfordert war und weit vor der Zeit fertig war, sodass ich mir meinen Wordcount systematisch erhöhte und wieder wesentlich schneller als erwartet besiegte.
Ich habe aus ca. 60 Seiten 120 gemacht. Innerhalb von weniger als einem Monat. Der noch gar nicht vorbei ist.
Und das eigentlich nur, weil mir klargeworden ist, dass Schreiben mehr für mich ist als ein zeitintensives und versponnenes Hobby. Es ist mein Beruf.
Glückwunsch, liebe Evanesca! Oft sind es unsere Gedanken und unbewussten Entscheidungen, die den größten Einfluss auf unser Leben haben.
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<3
Danke, Veri :D
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Sehr interessant zu lesen :) Ich hab im letzten Jahr auch mein erstes Werk abgeschlossen (hauptsächlich dank dem NaNoWriMo), allerdings ist es wesentlich kürzer als deins und ich habs auch noch nicht verschickt, da es noch dringend überarbeitet werden will. Aber die liebe Zeit… :(
Der Schreibkalender, den du verlinkt hast, sieht aber super aus, den werde ich mir mal näher anschauen :)
ich wünsche dir für deine schreiberische/berufliche Zukunft alles Gute, viel Erfolg und viel Spaß :)
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Der NaNoWriMo ist toll dafür :D.
(Bei meinem ersten NaNoWriMo habe ich einfach aus Spaß eine 50.000-Wörter-Weihnachtsstory mit meinen Vampiren geschrieben. Nichts Literararisches, aber vielleicht irgendwann als Weihnachtsgoodie für Fans ganz brauchbar, wer weiß…)
MV ist auch nicht lang (237 Normseiten), ein Buch muss also nicht zwingend unendlich lang sein, um gut zu sein *g*. Ich sage immer: Die beste Länge für ein Buch ist genau die richtige Länge, um diese Geschichte zu erzählen. Und manche Geschichten brauchen mehr oder weniger Raum als andere.
Überarbeiten… aus eigener Erfahrung in Bezug auf MV… 9 Monate schreiben, ein Jahr liegen lassen und dann vier Jahre überarbeiten.
Aber da muss man durch.
Hast du jemanden zum Austauschen? Das Ganze ist nur halb so frustrierend, wenn man damit nicht ganz alleine ist :).
Danke – und gleichfalls! :D
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Finde ich toll, dass du für dich einen Weg gefunden hast, auf dem du gut voran kommst. Bei mir klappt das mit der festen Wortzahl am Tag wiederum gar nicht. Ich kann nur schreiben, wenn ich den Kopf dafür frei habe, ansonsten kommt dabei nur irgendwas mit einem Stock im Hintern raus und das ist ja auch nicht Sinn der Sache. :D
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Stimmt, das ist nicht der Sinn der Sache *g*.
Ich glaube, bei mir hat es früher nicht geklappt mit der Wortzahl, weil ich das Ganze nicht so ernst genommen habe wie jetzt.
Aber Schreiben ist immer unfassbar individuell und bei allen Menschen verschieden. UND verändert sich auch noch im Laufe des Lebens schon mal radikal.
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Was soll man da noch kommentieren, außer: „Super, weiter so!“?
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Du bist Dichter, dir muss doch mehr einfallen :P.
Und… danke :D
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Werte Maid, ich mag ein Dichter sein,
doch selbst bei hellem Lichterschein,
fällt mir zu dieser Sache nicht mehr ein,
und das Grübeln wird mir gar zur Pein.
So wünsche ich euch hiermit froh
von Herzen: Super, weiter so!
(Metrische Ungereimtheiten sind intendiert und als Stilmittel anzusehen, um den Topos des ideenlosen, schlechten Dichters aufrecht zu erhalten, den das Gedicht simulieren will :-P)
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