Titel: Die Eisfestung
Autor: Jonathan Stroud
Verlag: cbj (gehört zu randomhouse)
Genre: Kinderthriller
Altersempfehlung: ab 11 Jahren
Seiten: 281 Seiten
Format: Hardcover
ISBN: 9783570132685
Das Buch auf der Verlagshomepage – wobei es sich hier um die Taschenbuchausgabe handelt, da das Hardcover nicht mehr geliefert wird.
Um ehrlich zu sein hat mich dieses Buch nicht so überzeugt.
Die Familiensituation der drei Kinder scheint recht klar umrissen – Emily ist ein von der Familie wenig beachtetes Einzelkind, Simon hat Probleme mit seinen vielen Geschwistern, Marcus ist Halbwaise. Angesichts dessen aber, dass Emily die Perspektivträgerin ist, erfährt man viel zu wenig über sie. Klar, einerseits weil der Fokus auf den Ereignissen und andererseits eher auf Marcus und seinen Geschichten liegt. Aber dadurch wurde für mich Emily zu einer Schablone, so wie die Figuren generell blass und schablonenhaft blieben.
Das Klischee-Mädchen aus gutem, konsumgütertechnisch gesättigtem aber reichlich gleichgültigem Hause, dem langweilig ist. Der Junge aus der typischen Arbeitslosen-Schläger-Verbrecherfamilie. Und der geheimnisvolle Unbekannte mit der großen Fantasie als Verführer zu allen möglichen Taten.
Da mir die Personen alle nicht so recht „echt“ erschienen, kam auch in Bezug auf ihr Schicksal keine Spannung auf und das Buch eierte für mich ein wenig hin- und her.
Rausgerissen hat es der grandiose Schreibstil von Stroud – er hat ein sehr ernstes Thema genommen und es sprachlich sensibel behandelt. Ich hätte mir aber mehr Mut gewünscht, mehr von seinem Humor und mehr Drama, besonders zum Ende hin.
Cover:
Da gibt es nichts zu meckern.
Ich liebe Hardcover. Und ich liebe erst Recht Hardcover, die irgendwie mit Fühlapplikationen, und Glanz und Silberfolien und so verziert sind – sofern dieser Zierrat zum Buch passt. Und das Geglitzer passt perfekt zu einer Eisfestung.
Optisch auf jeden Fall ein Hingucker und… Hardcover. Stabil, formschön… habe ich schön erwähnt, dass ich Hardcover mag?
Dargestellt ist ein Stück Mauer mit Blick auf eine altehrwürdige Burg. Ja, das gefällt mir.
Inhalt:
Die Geschichte an sich ist eigentlich gar nicht mal so unglaubwürdig – im ziemlich kleinen, ziemlich schnarchigen englischen Herkunftsort der Protagonistin gibt es eigentlich nur einen einzigen Ort, der auch nur ansatzweise Spannung verspricht. Und das ist die alte Burg, bewacht von einem bärbeißigen Hausmeister, im Sommer ein etwas ödes Museum und im Winter eigentlich geschlossen.
Klar, dass die Kinder aus dem Ort auf der Suche nach Abwechslung dort heimlich mit ihren Schlitten fahren wollen. Und klar, dass hier das Faustrecht regiert und Emily so ganz alleine keine Chance gegen eine Bande Kinder hat, die den Schnee rund um die Burg für sich allein haben wollen.
Und es ist für mich auch durchaus logisch, dass Marcus und sein Traum von einer Burgübernachtung so verlockend für die drei Kinder ist, wenn auch aus jeweils eigenen Gründen.
Das klingt eigentlich nach einem Konzept, das nicht schief gehen kann – und genau das ist das Problem. Auch wenn das Buch wichtige soziale Problematiken auch im Umgang mit Kindern anreißt und durchaus Potential hätte, es bleibt alles bei diesem theoretisch erfolgsversprechenden Standard. Fast, als hätte Stroud hier eine lineare Vorgabe für einen Roman eins zu eins umgesetzt.
Die Charaktere blieben für mich stereotyp, sodass bei mir für keinen der drei so rechte Sympathie aufkam. Und da ich mich keinen Augenblick für das Schicksal der drei so richtig erwärmen konnte, kam für mich auch die ganze Zeit über keine rechte Spannung auf.
Solides Handwerksbuch, keine Logikbrüche, keine Fehler, aber eben auch nichts Weltbewegendes. Darum hier mittelmäßige drei FeuerFlocken.
Sprache:
Mir fehlte Jonathan Strouds Feuer, sein Humor, seine Art, sogar die dramatischsten und schwierigsten Dinge irgendwie so zu verkaufen, dass es nicht trivial ist.
Klar, die Ausgabe war sprachlich einwandfrei, ich habe keine Druckfehler gefunden und ich würde auch nicht sagen, dass irgendwas sprachlich nicht gepasst hätte.
Aber genauso wie der Rest des Buches wirkte auch die Sprache sehr standardmäßig. Eben genau das, was man von so einem Buch erwartet, aber weder mehr noch weniger. Darum ein Flöckchen Abzug.
Fazit:
Auch wenn ich quantitativ eigentlich vier Feuerflocken vergeben müsste – ich bleibe bei drei. Das Gesamtpaket hat mich trotz der wunderhübschen Hülle nicht überzeugen können.
Vielleicht liegt das daran, dass ich von Stroud einfach per se sehr viel erwarte und damit von vornherein mit überhöhten Erwartungen an das Buch herangegangen bin. Oder weil ich inzwischen so hungrig nach Innovationen beim Storytelling bin, dass mich solides Handwerk nur noch mittelmäßig bis gar nicht zu fesseln vermag.
Denn eigentlich ist das Buch grundsolide und alles andere als schlecht. Aber mich hat es leider nur mittelmäßig unterhalten.
Die Eisfestung ist ja eines von Strouds frühen Werken – und man merkt hier (und zum Teil auch in Drachenglut) natürlich, dass Stroud noch lange nicht so experimentierfreudig und humorvoll istist, wie man es aus seinen späteren Werken (Bartimäus, Lockwood, Wächter des Tals etc.) gewohnt ist.
Eigentlich sehr spannend, weil man da mal wirklich sehen kann, wie sich ein Autor so von Buch zu Buch entwickelt.
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Ich weiß – wobei ich „Drachenglut“ ja auch gelesen habe und mir das Buch sehr gut gefallen hat.
Es war, obwohl es das Debütwerk war, irgendwie etwas Besonderes, auch in Hinblick auf die Erzählweise, die Sprache, die Story…
Aber ja, die späteren Sachen sind auf jeden Fall stärker am Experementieren, gerade die Fußnoten bei „Barthimäus“ sind ja ziemliche Konventionsbrüche.
Da kommt „Die Eisfestung“ natürlich vergleichsweise konservativ daher… da hast du Recht.
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