Titel: Volturnus schläft
Autorin: Bettina Schott
Verlag: Amazon Create Space
Genre: Historischer Roman
Seiten: 2148 KB, entspricht hier 344 Seiten
Format: E-Book
ASIN: B00RR1CKVW
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Vieles fand ich wirklich großartig – die Autorin hat sehr gut recherchiert und weiß vermutlich so ziemlich alles über Lynchjustiz, Osterfeierlichkeiten und Flößertum im Schwarzwald. Und das hat man gemerkt. Ich hatte auf keiner Seite das Gefühl, dass da etwas dazuerfunden oder schlecht nachgeschlagen war. Alles war plausibel, logisch und nachvollziehbar.
Auch die Geschichte an sich fand ich sehr, sehr spannend – und gerade als ich mir sicher war, den Drahtzieher hinter den ganzen Übeln im Ort zu kennen, wendete sich das Blatt.
Ja, es war spannend, gut recherchiert und lebendig geschrieben. Die Autorin hat keine Scheu, Depressionen, Suizid und andere Tabuthemen anzusprechen, die vermutlich im achtzehnten Jahrhundert nicht thematisiert waren – aber unter Tabu standen. Und das Wissen um diese Tabuisierung und einen sensiblen Umgang damit habe ich auf jeden Fall im Roman bemerkt. Das ist sehr gut gemacht.
An einigen Stellen fand ich es etwas störend, dass noch mal genau erklärt wurde, dass Figur X halt so dachte, weil… und dann erstmal eine Erklärung folgte. Aber ich glaube, das ist eine reine Debütautorengeschichte und geht mit der Zeit von alleine weg.
Auf alle Fälle eine Autorin zum Weiterverfolgen, besonders da ich historische Romane seit meiner Kindheit liebe, aber die moderne Tendenz zum „historischen Liebesroman“ eher skeptisch beäuge.
Cover:
Ein Foto in Rottönen, von einer Frau im grellroten Kleid in einem düsteren Wald und mit einigen stilvollen Zierelementen – das Cover ist schlicht, aber schön. Es machte sich sehr gut auf dem Smartphonedisplay auch bei der bei mir voreingestellten eher geringen Helligkeit, mit gut lesbarem Titel.
Höchstens der Name der Autorin hätte etwas größer sein können, da man ihn sonst bei niedriger Auflösung übersieht – aber eigentlich gefällt mir das Cover sehr gut und es stimmt auf die eher düsteren Ereignisse im Buch ein. Es war auch eines der Gründe, weshalb mir das Buch in einer Facebookgruppe schon im Januar überhaupt erst aufgefallen ist.
Inhalt:
Das Leben in Altsteig im Schwarzwald könnte seinen ganz normalen Gang nehmen – bald ist Ostern und Brunnenweihe zugleich, trotz ihrer Blindheit ist die junge Agnes verlobt und glücklich und ihr Bruder Friedel könnte den ganzen Tag den Legenden des Eigenbrötlers Louis lauschen.
Doch dann geschieht zu viel auf einmal – schwere Unfälle bei den Flößern, ein Liebesdrama und ein grauenhaftes Verbrechen bringen ganz Altsteig in Aufruhr.
Was ich hier gar nicht genug betonen kann, weil ich das in letzter Zeit so selten antreffe (Ich sage nur „Hexenverfolgung im tiefen Mittelalter“ ;-) und winke mit dem ganzen Zaun!): Die Autorin hat gut und ausführlich recherchiert. Bis hin dazu, dass sie ihren Handlungsort mehrmals selbst bereist hat und einige Personen im Roman tatsächlich historischen Persönlichkeiten aus dieser Zeit entsprechen. Man merkt deutlich, dass sie über das Flößerhandwerk, die Besonderheiten der Schwarzwälder Kultur im achtzehnten Jahrhundert und die Gerichtsbarkeit der damaligen Zeit bescheid weiß.
Mir sind eigentlich keine Anachronismen aufgefallen – außer vielleicht ab und zu eine etwas zu moderne Formulierung in der wörtlichen Rede – und ich bin da recht pingelig.
Manchmal konnte sie der Versuchung nicht widerstehen, auch wirklich alle Rechercheergebnisse ausführlich in den Roman einzubringen. Das fand ich beim Ausflug in die Erklärungen zum Flößertum in Ordnung, an manchen anderen Stellen nahm es dem Buch ein bisschen die Spannung raus. Aber spätestens ab der zweiten Hälfte des Buches gab es keine solchen Verzögerungen mehr.
Trotzdem ein Flöckchen Abzug, auch weil abgesehen von den historischen Erklärungen gerne mal noch in einem Nebensatz etwas erklärt wurde, was so nicht zwingend notwendig gewesen wäre.
Aber das sind alles „Kinderkrankheiten“ und wenn man bedenkt, dass ich sonst nichts zu bemeckern habe…
Sprache:
Bis auf ein paar sprachliche Anachronismen, die mich ein wenig aus dem Fluss gebracht haben, gibt es hier nichts zu bemängeln.
Es gibt ja dieses SP-Klischee vom völlig verformatierten, unlektorierten und unkorrigierten Roman – dies trifft hier nicht zu. Bis auf ein- oder zwei vergessene Punkte am Satzende, die auch in einem Verlagsbuch vorkommen, fiel mir eigentlich kein Rechtschreibfehler auf und auch keine krude Grammatikkonstruktion.
Sehr schön fand ich auch, dass eine gute Balance zwischen Fremdwörtern für das Flößertum und der Hochsprache gefunden wurde – der Roman ist auch für Nichtexperten auf diesem Gebiet spannend und verständlich.
Fazit:
Ich bin froh, dass ich das Buch gelesen habe. Bettina Schott ist eine vielversprechende Debütautorin, die viel Liebe und Sorgfalt in dieses Buch gesteckt hat – und das merkt man dem Endergebnis auch an.
Außerdem schlägt sie nicht in die Kerbe der Romantik, sondern zeichnet ein realistisches, ungeschöntes und entsprechend teilweise grausames Bild der damaligen Menschen.
Wie schnell ein Mob außer Kontrolle geraten kann, weiß auch heute jeder Mensch – die Folgen der damaligen Justiz sind Vielen jedoch nicht in diesem Maße bewusst.
Somit lag hier nicht nur ein spannender Roman vor, sondern auch eine einfühlsame Gesellschaftsstudie.
Disclaimer: Als ich ein anderes Rezensionsexemplar beantragte, aber dabei anmerkte, dass ich mit großer Vorliebe Indepententautoren entdecke und gerne auch entsprechend hier vorstellen würde, schrieb mich die Autorin selbst an und fragte, ob ich Interesse an „Volturnus schläft“ hätte. Da mir das Buch bereits in einer Facebookgruppe aufgefallen war und ohnehin auf meiner Wunschliste stand… sagte ich gerne zu.
Danke, liebe Bettina, für das Rezensionsexemplar!
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