Dieser Blogpost erschien ursprünglich am 7. Februar 2018 im „Schreibmeer“-Blog. Da dieser nicht mehr fortgeführt wird und ich festgestellt habe, dass ich einiges an diesem Artikel aktualisieren kann und will, habe ich ihn heute noch mal für euch aufbereitet.
Selfpublishing gibt den Autor*innen viele Freiheiten – Entscheidungen, die normalerweise vom Verlag getroffen werden und auf die man sonst kaum einen Einfluss hat, können selbstständig getroffen werden. Alle Freiheiten zu haben, heißt jedoch auch, die alleinige Verantwortung zu haben. Während in einem Verlag, je nachdem, wie groß er ist, mehrere Expert*innen damit beschäftigt sind, genau DEN Titel zu finden, der auf die eigene Zielgruppe zugeschnitten für die größte Marktfähigkeit sorgt, müssen wir das selbst erledigen, wenn wir ohne einen Verlag im Rücken veröffentlichen.
Manchmal ist es leicht
Es gibt Bücher, für die nur wenige Titel in Frage kommen und die sofort passen wie die Faust aufs Auge und auch noch einzigartig sind.
„Zarin Saltan“ war für mich so ein Titel – er drückt zusammen mit dem Cover alles aus, was ausgedrückt werden muss: Feministisch motivierte Märchenadaption mit Millionär und Eichhörnchen. Und es war nicht schwer, ihn zu finden. Das Originalmärchen heißt „Das Märchen vom Zaren Saltan“, da war die weibliche Form nicht weit weg und außer mir hat sich noch niemand den Titel gesichert.
Meistens ist es schwieriger
Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels kämpfte ich sehr mit dem Titel für „der tote Prinz“.
Meine drei Arbeitstitel hielt ich alle ungeeignet:
- Der eine, weil ich ihn einfallslos von dem Zeitpunkt abgeleitet habe, zu dem ich die Rohfassung abgeleitet habe – er lautet „Oktoberdampf“, weil ich im Oktober anfing und Dampf vorkommt. Wow. Das Buch hat zwar Steampunkelemente, aber zumindest der Oktober hat mit dem Inhalt nichts zu tun
- Der andere, weil er einen Pärchennamen –„Dario und Elessa“ – beinhaltete und so falsche Erwartungen an das Buch weckt, die es nicht erfüllen kann (es ist keine Romanze, ich finde es immer noch schwer, zu sagen, was genau es ist).
- Mit dem dritten – „der tote Prinz“ – habe ich tatsächlich am meisten gehadert, obwohl er es am Ende geworden ist. Es schien mir einfallslos, es einfach wie bei „Zarin Saltan“ zu machen und den Titel so platt vom Originalmärchen abzuleiten. Außerdem störte mich, dass Dario eigentlich kein Prinz ist – er ist „nur“ Sohn einer Warlady, sein Titel ist somit „Lord“. Aber auf der anderen Seite ist Anna aus „Zarin Saltan“ auch keine Zarin …
Gewonnen hat am Ende der Titel, der mir am einfallslosesten schien, weil er letzten Endes doch den Inhalt am besten zusammenfasst. Ich habe mich hierzu mit den anderen Märchenspinnerinnen beraten und mir dabei Feedback geholt. Alleine hätte ich es vermutlich nicht geschafft oder hätte mich hoffnungslos verrannt.
Ich bin also damals in mich gegangen und habe darüber nachgedacht, was meine Schwierigkeiten beim Finden eines guten Titels für dieses Buch sein könnten (der ursprüngliche Blogpost entstand Dezember / Januar 2018, da war das Buch noch taufrisch)
- Die Rohfassung ist noch ganz frisch – und mir fehlt der objektive Blick von außen, was überhaupt die Essenz des Buches ist
- Es ist eine Rohfassung – also habe ich noch so viele Unsicherheiten im Manuskript, dass sich das auf die Titelfindung auswirkt
- Kurz und gut: Ich weiß selbst noch nicht, was mein Buch im Innersten zusammenhält
Der Titel soll aber genau das auf den Punkt bringen – die Essenz des Buches, ohne zu viel zu verraten oder auf eine falsche Fährte zu führen. Ich finde das bei der „Harry Potter“-Reihe ja sehr gut gelöst: Der Protagonist + das, was in diesem Band die wichtigste Rolle spielen wird. Leider ist ein Benennen nach diesem Schema nicht immer spoilerfrei möglich oder sinnvoll. Aber es ist simpel und doch effektiv.
Wie oben schon erwähnt: Holt euch Hilfe, wenn ihr es alleine nicht schafft! In Gruppen für Autor*innen, im Freundeskreis … Irgendwo geht immer.
Ein weiterer häufig gegebener Tipp ist, sich an den anderen Titeln im gleichen Genre zu orientieren. Es gibt viele humorvoll-ernste Gegenwartsromane, die nach dem Schema „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ benannt wurden (und Fantasyromane, die ebenfalls nach diesem Schema benannt wurden – wieso auch immer – wie beispielsweise „Das Mädchen, das Geschichten fängt“ von V. E. Schwab). Thriller haben oft entweder sehr kurze Titel (wie z.B. die Millenium-Reihe von Stieg Larsson – „Verblendung“, „Verdammnis“, „Vergebung“) oder Titel, die auf die Natur des Serienkillers hinweisen (wie z.B. „Broken Dolls – Er tötet ihre Seelen“ von James Carol). Auch für andere Genres und Untergenres gibt es (ungeschriebene) Regeln, wie ein Titel aussehen muss, um in Kombination mit dem Cover sofort das Genre zu verraten.
Allerdings ist das bei manchen Genres leichter als bei anderen. Gerade wenn ein Genre noch jung ist oder gerade im Expandieren, hat sich oftmals noch kein Schema eingependelt (wie beispielsweise bei Märchenadaptionen) oder das Genre ist so obskur, dass es bei Amazon gar keine Treffer ausgibt (wie beispielsweise Garbagepunk, dem ich „der tote Prinz“ gerne zuordnen würde, das aber scheinbar nicht wirklich existiert, zumindest für Bücher nicht).
Außerdem ist immer die große Preisfrage: Will man sich überhaupt „anpassen“? Will man sich abheben? Ist das klug? Der Titel soll ja auch nicht so langweilig sein, dass man ihn sich nicht merkt, also eine Mischung aus beidem?
Öhm.
Weitere Schwierigkeiten – Titelschutz und Einzigartigkeit
Ich hatte im Lektorat eine Kundin, die genau wusste, was ihr Buch zusammenhält (im Gegensatz zu mir, ich glaube, ich wusste das erst irgendwann nach der dritten oder vierten Überarbeitungsrunde so halb). Aber die ersten Titel, die sie vorgeschlagen hat, waren entweder schon weg oder ähnelten so sehr anderen Titeln, dass ihr Buch untergehen würde.
Hier hilft es, alle Wunschtitel aufzuschreiben und anschließend zu überprüfen, ob sie bereits vergeben sind.
Amazon ist dafür eine gute erste Anlaufstelle, zumindest wenn man sehen will, ob es ein Buch mit dem gewünschten Titel bereits gibt. Erhält man hier einen Treffer, sollte auf alle Fälle über einen anderen Titel nachgedacht werden.
Auch wenn das Titelschutzgesetz hier schwammig ist und beispielsweise ein Krimi und ein Liebesroman gleich heißen dürften, da sie verschiedene Zielgruppen ansprechen (so die Theorie, ich bin mir sicher, es gibt genug Menschen, die beides lesen), sollte man hier trotzdem noch mal in sich gehen.
Eine Verwechslung kann ärgerlich sein – im schlimmsten Fall wird das eigene Buch anderen Autor*innen zugeordnet (auf Plattformen wie Lovelybooks), wegen einer angeblichen Dopplung nicht eingetragen oder die Technik muckt anderweitig.
Und noch ärgerlicher ist es, wenn man z.B. als Krimiautor*in auf den Titel angesprochen wird – das Buch sei so toll, besonders die Romanze zwischen Mann und Frau … und dann muss man das Gegenüber irgendwann im begeisterten Redeschwall unterbrechen und peinlich berührt aufklären, dass das eigene Buch nur so heißt ;-).
Bei zu ähnlichen Titeln kann es dafür passieren, dass Amazon einfach ALLE ähnlichen Buchtitel beim Suchen ausgräbt – da würde das eigene Buch hoffnungslos untergehen. Den Fehler habe ich übrigens 2009 selbst gemacht. Sucht mal nach „Licht und Schatten“, dann wisst ihr, was ich meine.
Aber nur, weil Amazon den Titel nicht kennt, ist das noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Ich google sicherheitshalber immer auch „Buchtitel“ + Titelschutz, um zu sehen, ob zufällig jemand einen solchen für genau „meinen“ Titel angemeldet hat. Und ich schaue sorgfältig, dass ja kein berühmter Hollywoodfilm, kein berühmtes Videospiel etc. auch so heißen. Verwechslungsgefahr und die Gefahr von Klagen seitens Abmahnanwälten sind einfach zu hoch.
Anmerkung zum Titelschutz
Ihr müsst nicht zwingend Titelschutz anmelden, damit euer Buchtitel geschützt ist. Es reicht, ihn zu verwenden – beispielsweise, indem ihr regelmäßig auf eurem Blog und euren Social-Media-Seiten darüber schreibt, wie euer Buch nun heißen soll. Oder beim Cover-Release.
Häufiger wird dieses Instrument von Verlagen genutzt, die sich Titel weitab vor der Veröffentlichung selbst sichern. Nachzuschauen, ob euer Titel also bereits besetzt gemeldet wurde, lohnt sich vor allem, um einen eventuellen Rechtsstreit mit Verlagen vorzubeugen.
Kurz und knackig
- Ihr solltet wissen, was euer Buch im Innersten zusammenhält
- Ihr solltet die ungeschriebenen Gesetze eures Genres kennen (auch – oder gerade, wenn ihr sie brechen wollt!)
- Euer Titel sollte einzigartig sein
- Euer Titel sollte nicht zu leicht mit anderen verwechselbar sein
- Holt euch Hilfe, darin liegt keine Schande
Hey!
Vielen Dank für diesen Blogpost. Als angehende Autorin hat er mir sehr geholfen. Ich habe glatt meinen Titel für meinen Debütroman gegoogelt und es gab ihn schon im selben Genre. :O Da such ich mir doch einen einzigartigen.
Liebe Grüße, Aurora
LikeLike
Hallo!
Awww, es freut mich so sehr, dass ich dir helfen konnte! <3
Viel Erfolg beim Suchen – Titelfindung ist schon ein bisschen die Pest …
Liebe Grüße,
Katherina
LikeGefällt 1 Person