Über die Gesellschaft im Vulkanschacht – Leben in der Welt von „Stahllilie“

Am 01.08.2019 erschien mein neuestes Werk – die Novelle „Stahllilie und der mechanische Löwe„. In den nächsten Tagen poste ich Blogposts, in denen ihr etwas über die Hintergründe der Welt und der einzelnen Figuren erfahren könnt. Heute präsentiere ich euch einen Grobabriss der Gesellschaft in meiner Novelle.


Cover gestaltet von Martina Kald (Verlegerin)

Heute schauen wir uns die Gesellschaft auf 28-F an. Fangen wir mit der „Staatsform“ an, denn jeder Vulkanschacht ist ein mehr oder weniger autarkes Gebilde. Es gibt einige Ressourcen, die gemeinsam genutzt werden – beispielsweise das, was Raumschiffe aus anderen Gegenden immer mal vorbeibringen – aber im Wesentlichen wirtschaftet jeder Schacht für sich allein.

Hierzu muss man wissen, wie Motis überhaupt besiedelt wurde – mehrere Firmen schickten Generationenschiffe, um den Planeten zu besiedeln, zu erforschen und wissenschaftlich zu erschließen. Und natürlich, das Know-How und die Rohstoffe dann wieder der Erde zuzuführen. (In der Praxis … hat man bald festgestellt, dass so ziemlich alles, was auf Motis gefunden wird, auch genau dort gebraucht wird, damit die Leute halbwegs autark durchkommen).

Die ersten Übergangsregierungen wurden also bereits von den Nachkommen der Leute gestellt, die den Planeten ursprünglich besiedelt haben – und waren im Grunde genommen Betriebsräte der Außenstellen der jeweiligen Firmen, in deren Namen ihre Vorfahren ausgeschickt wurden. Jede Firma hat einen anderen Vulkanschacht „gepachtet“, es gibt noch weitere Vulkane auf Motis, die allerdings als nicht bewohnbar eingestuft wurden.

Dies geschieht keineswegs in einer fernen Zukunft – sondern in einer alternativen Geschichte, in dessen Verlauf die Menschheit schon in den 1960ern angefangen hat, den Weltraum zu besiedeln. Entsprechend antiquiert ist nicht nur bisweilen die Optik der Dinge, sondern auch gesellschaftliche Ansichten – während sie in anderen Dingen weiter sind als die Leute, die damals losgeflogen sind. Teils, weil Wissenschaftlerinnen sich geweigert haben, sich zu verstecken und die Labormäuschen zu geben.

Bis heute ist jeder Schacht über einen sogenannten „Betriebsrat“ organisiert, der aus den höhergestellten Arbeiter*innen jeder Hauptgruppe (Forschung, Bildung, Bergbau, Nahrung, Unterhaltung) gewählt wird. Aktives Wahlrecht besitzen alle, passives Wahlrecht erhält man jedoch nur ab einem höheren Platz in der Hierarchie.

Inzwischen wissen die meisten nicht mehr, wieso der Betriebsrat so heißt (Naturwissenschaften werden deutlich mehr priorisiert, als der Geschichtsunterricht) und an einigen Gebräuchen wird festgehalten, weil „man es halt am Anfang auch schon so gemacht hat“.

Bildung und Aufstiegschancen in Stahllilies Heimatschacht

Wie bereits erwähnt, gibt es im Grunde genommen nur fünf Resorts, denen sich alles andere irgendwie zuordnen lässt: Forschung, Bildung, Bergbau, Nahrung, Unterhaltung.
Alle Kinder besuchen zunächst gemeinsam ein Schulzentrum, dort wird erst nach der zehnten Schulstufe selektiert und auf spezifischere Bildungseinrichtungen weiterverteilt. So besucht Stahllilie als Jugendliche nach ihrem Pflichtschulabschluss die Gladiatorenschule, während Elon und Sera im selben Alter ihre Ausbildungen zu Forscher*innen antreten.

Mit anderen Worten: Anfangs erhalten alle Kinder die gleiche Chance auf Bildung. Das hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass ja ursprünglich die jeweils Besten einer Firma mitgeflogen sind. Sie kamen also bereits mit dem Bewusstsein,die Besten auf ihrem Gebiet zu sein, auf den Planeten und haben dies auch an ihre Kinder weitergegeben.

Wie nun funktioniert das Ganze, wenn man nur fünf Ressorts hat? Produktion und Arbeit an Maschinen wird dem Ressort zugeordnet, dem sie angehört. Werden die Produkte des Bergbaus verarbeitet, gehören sie auch zum Bergbau. Handelt es sich um die Herstellung von Geräten zur Unterhaltung, wie beispielsweise dem Fernseher vergleichbare Techniken, gehören sie zu den Unterhaltungsberufen und so weiter. Die Kleidungsproduktion wird traditionell der Forschung zugeordnet, weil hier erst einmal herausgefunden werden musste, woraus man welche herstellen will, ehe die mitgebrachten Materialien aufgebraucht sind.

Nach der Pflichtschule versuchen sich die Jugendlichen, in ihren Bereichen hervorzutun und aufzusteigen. Schließlich winkt als Belohnung das passive Wahlrecht und als einfache*r Arbeiter*in in der Herstellung von synthetischem Essen oder als einfache Melee-Kämpfer*in kommt man nie in diese Position.
Also wird von den Jugendlichen und jungen Erwachsenen erwartet, dass sie hart dafür arbeiten, die Stufen zu erklimmen und möglichst hoch aufzusteigen. Politische Partizipation wird auf Motis als erstrebenswert wahrgenommen, ist jedoch für ein Gros der Bevölkerung nur unter hohem Aufwand, im Alter oder gar nicht erreichbar.
Für Stahllilie ist beispielsweise ein Karrieresprung, wenn sie von der Gladiatorin zur Trainerin aufsteigen könnte. Aber schon „von der Melee-Akteurin zur Zweikämpferin“ ist ein Karrieresprung, der sich auf das verfügbare Geld und das Ansehen auswirkt.
Gesellschaftliche Ächtung geht hier oft mit einer Rückstufung einher – man erreicht also entweder wesentlich später oder nie den notwendigen Rang, um gewählt werden zu können.

Aufstiegschancen und Zugangsmöglichkeiten

In Stahllilies Schacht werden recht viele Dinge von der Gesellschaft gestellt, für andere müssen sie selbst aufkommen oder sie müssen Geld ausgeben, um die bessere Variante von etwas zu erhalten.
Das gilt in vielen Bereichen – wer in der Hierarchie weiter oben ist, hat besseren und teilweise auch etwas unbürokratischeren Zugang zu einigen Dingen, vor allem was die medizinische Versorgung angeht. Es gibt eine recht umfassende Krankenversicherung, allerdings hat diese strenge Auflagen – verletzt man diese, kann es zu Rückzahlungsforderungen kommen oder man ist selbst schuld, wenn etwas passiert und hat dann die Behandlung etwaiger Folgeschäden selbst zu zahlen (das wird in der Novelle tatsächlich mehr als einmal erwähnt).
Der Zugang zu Bildung ist zwar für alle Kinder gleich, aber natürlich werden die Kinder von Forscher*innen oder Mediziner*innen eher von den Eltern motiviert, einen intellektuell besonders fordernden Beruf zu ergreifen und Kinder von Eltern, die in der Produktion tätig sind, wollen oft in der Nähe ihrer Familie wohnen und nicht in einen anderen Trakt ziehen müssen.
Dass zwei Schwester in vollkommen verschiedenen Bereichen arbeiten – Stahllilie als Gladiatorin in der Unterhaltungsbranche und Sera als Forscherin – ist daher recht ungewöhnlich.
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